RAJASTHAN, INDIEN

Kaima lebt in Rajasthan in der Wüste Thar – roter Sand auf dem ältesten Gestein dieses Planeten. Der Boden scheint der Grund eines ausgetrockneten Sees zu sein – kleine Steine und Risse im flachen Sand – und Stille. Diese besonderen geografischen Gegebenheiten erfordern von Kaima und ihrer verarmten Familie viel Arbeit. Die Frauen in Kaimas Familie sind Analphabeten. Sie wurden immer schon in ihrer frühen Kindheit verheiratet, auch Kaima. Aber sie ist die erste der unzähligen Generationen vor ihr, die Lesen und Schreiben gelernt und selbst Kontrolle über ihr Leben übernommen hat. Obwohl sie äußerlich wegen ihrer schrillen Stimme und dem winzigen Körper jünger als 12 Jahre wirkt, hat sie klar bewiesen, dass sie für ihr Alter sehr reif ist.

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Kaima beim Mittagsschlaf

Kaima leitet eine Versammlung von über 50 Frauen, die eine Kundgebung in der Stadt Phalodi organisieren, um mehr Wasser zu verlangen. Sie beschuldigen einen Regierungsangestellten, nicht genug Wasser zu verteilen, und seine Verwandten verteidigen ihn. Ihre Stimme ist diejenige, die sich von dem Geschrei absetzt.

Ein Jahr früher war ihre Energie noch darauf ausgerichtet, die Tätigkeiten im Haushalt zu verrichten. Seitdem hat Kaima einen motivierenden, viermonatigen Intensivkurs mitgemacht. Kaima hat die Oberschule abgeschlossen und Naturwissenschaften, Gesundheitsvorsorge und Technik studiert. Sie hat verstanden, dass sie ein Recht auf Gleichbehandlung hat. Und sie hat ein besonderes Talent für Sozialarbeit bewiesen.

Ihre Wandlung war schnell und schwierig. Ihre Großmutter mütterlicherseits holte sie schon kurz, nachdem sie die Schule begonnen hatte, zurück. Kaimas Ehemann, ebenso wie sie noch ein Kind, hatte nur die Mittelschule abgeschlossen; und ihre höhere Bildung würde beim späteren Zusammenleben ein Problem werden. Ihr Vater brachte sie wieder zur Schule zurück. Später weigerten sich Mädchen einer höheren Kaste, gemeinsam mit ihr zu essen und verjagten sie aus den Schlafräumen. Aber Kaima ließ sich nicht unterkriegen: Später wurde sie ausgewählt, um bei der Abschlusszeremonie in ihrer Schule zu sprechen.

In ihrem Dorf im Nordwesten Indiens gibt es keine Schulen. Es gibt eine hohe Kinder- und Müttersterberate. Die medizinische Versorgung ist unzureichend, sogar Nahrungsmittel sind knapp. Viele Frauen bekommen mehr Kinder, als sie eigentlich wollen – manchmal sogar mehr, als die Familie sich leisten kann. Und da die Mütter erst am Schluss essen, bekommen sie am wenigsten.

Kaima versucht dieser Zukunft zu entkommen. Sie möchte Militärpilotin werden; und damit verändert sie auch ihre Familie.

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Von der Decke in Kaimas Haus hängen zwei Papierflugzeuge,
die ihr ihre Mutter geschenkt hat, um sie zu motivieren ihre
Schule zu beendenund Pilotin zu werden


„Bist du während deiner Jugend nicht verpflichtet, mit deinem Ehemann zu leben?”
„Nein, nicht bis man 18 ist. Meine Mutter sagt, ich soll erst studieren, arbeiten, und in der Lage sein, für mich selbst zu sorgen.“
Ihre Mutter:
„Ich werde sie nicht zu ihrem Ehemann schicken, bevor sie ihr Studium nicht beendet hat, auch wenn es vielleicht fünf oder sechs Jahre länger dauert. Meine älteren Töchter und ich konnten nicht studieren und es hat unser Leben zerstört.“

Der Tag in Kaimas Dorf beginnt. Sie wäscht auf der Terrasse singend ihr Gesicht und ihre Füße. Dutzende Spatzen zwitschern in den Akazien. Sie ist die älteste Tochter, die noch zu Hause lebt, und es erwartet sie ein arbeitsreicher Morgen. Sie hat schon das Feuerholz geholt und hilft das Haus sauberzumachen, Wasser zu holen, die Ziegen zu füttern und zu kochen. 

Dann setzt sich Kaima auf ihr Bett und liest im Koran: Auf den Regalen an den Wänden um sie herum sind einige Besitztümer der Familie verstaut – ein Aluminium-Kochset und Fotos ihres Vaters, der in der Stadt arbeitet. Quittungen von Spenden an eine religiöse Schule liegen in einer kleinen Schale. 

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Kaima liest den Koran

Kaimas Stimme bebt beim Gebet.

Vom Dach hängen zwei Papierflugzeuge herunter – eins rot, das andere grün. Ihre Mutter hat sie gebastelt „um ihren Ehrgeiz anzuspornen“. Ihre Tochter benötigt alle Hilfe, die sie erhalten kann, um die große Last der Armut zu überwinden und den Mut für dieses Risiko aufzubringen.

Kaima beendet ihre Morgengebete und küsst den Koran, bevor sie ihn vorsichtig in seine Hülle zurückpackt.

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Kaima spielt mit ihrer Cousine (mit rotem Schal)
und ihrer jüngeren Schwester (mit blauem Kleid)

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